Georgien-Konflikt gefährdet Nabucco-Gasleitung

Nabucco-Projekt durch Georgien-Konflikt in Gefahr
Nabucco-Projekt durch Georgien-Konflikt in GefahrEPA (Stefan Sauer)
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Die geplante Nabucco - Pipeline nach Europa sei durch den Konflikt in Gefahr, meint Russland- Experte Gerhard Mangott. Russland war die Gasleitung schon lange ein Dorn im Auge. Denn sie würde Europa unabhängiger machen.

Für die geplante Nabucco-Pipeline, die ab 2013 Erdgas aus der kaspischen Region nach Europa bringen soll, ist der aktuelle Georgien-Konflikt "eine deutliche Schwächung", ist der Innsbrucker Politologe und Russland-Experte Gerhard Mangott überzeugt.

Nach den Plänen der Nabucco-Gesellschaft, an der die OMV federführend beteiligt ist, soll Aserbaidschan der erste Gas-Lieferant für Nabucco werden - der einzige Transportweg von Aserbaidschan zur geplanten Nabucco-Anschlussstelle in der Türkei führt aber über Georgien.

Russland würde Nabucco-Scheitern freuen

Das Nabucco-Projekt verfolgt aus EU-Sicht vor allem den Zweck, die Gas-Abhängigkeit von Russland zu verringern, und ist Moskau daher ein Dorn im Auge. "Alles, was die Region destabilisiert, nützt Russland", erklärt Mangott. "Man kann aber nicht sagen, dass dies das prioritäre Ziel Russlands gewesen wäre. Die Vorstellung, dass Russland militärisch die Leitungsverbindungen unterbrechen würde, halte ich für sehr unwahrscheinlich", denn es hätte für Russland militärisch und wirtschaftlich keinen Sinn und wäre politisch verheerend, Pipelines zu bombardieren. Das eigentliche Ziel Russlands sei es, den NATO-Partner Georgien aus Südossetien und Abchasien hinauszuwerfen.

Ausweichen über Iran unmöglich - politisch

Georgien ist ein Schlüsselland für den Öl- und Gastransport nach Europa, denn der einzige Weg vom aserbaidschanischen Hafen Baku nach Westen führt über Georgien. Man könnte aserbaidschanisches Gas theoretisch auch über den Iran leiten, doch das sei "politisch völlig ausgeschlossen", so Mangott. Eine Trassenführung über Armenien komme aus politischen Gründen - wegen des aserbaidschanisch-armenischen Streits um die Region Berg-Karabach - ebenso wenig in Frage.

Aserbaidschan exportiert derzeit nur Gas nach Georgien, in die Türkei und geringere Mengen auch in den Iran. Allerdings soll sich das Exportvolumen künftig deutlich erhöhen und dann könnte auch Gas in die Nabucco-Leitung eingespeist werden. Auch Turkmenistan sei grundsätzlich sicher ein Gasversorger Europas, aber auch turkmenisches Gas könne nur über Georgien oder den Iran geliefert werden.

Zwei Pipelines durch Georgien

Derzeit verlaufen zwei wichtige Pipelines über Georgien: Die Transkaukasus-Pipeline Baku-Tiflis-Ceyhan (BTC), die seit 2005 Rohöl aus Aserbaidschan und Kasachstan zum türkischen Mittelmeer-Hafen Ceyhan befördert. Am BTC-Konsortium ist der britische BP-Konzern mit mehr als 30 Prozent beteiligt, 25 Prozent hält die staatliche aserbaidschanische Ölgesellschaft SOCAR. Die Kapazität der BTC-Ölpipeline beträgt etwa eine Million Barrel pro Tag. Eine alternative Route ist die Ölpipeline von der georgischen Hauptstadt Tiflis zum Schwarzmeer-Hafen Poti.

Parallel zur BTC verläuft die Gas-Pipeline BTE (Baku-Tiflis-Erzurum), die seit Ende des Vorjahres Gas vom Schah-Deniz-Feld im Kaspischen Meer nach Ostanatolien bringt. Die Pipeline wird von BP und der norwegischen StatoilHydro betrieben.

Russland ist nach Ansicht Mangotts sehr unglücklich darüber, dass Europa jetzt Alternativen zur russischen Gaslieferungen suche - insgesamt habe Moskau aber sehr gute Karten. Im Mai vorigen Jahres hätten sich Russland, Turkmenistan und Kasachstan geeinigt, vier bestehende Pipelines, die aus Turkmenistan nach Russland führen, zu modernisieren. Darüber hinaus sei eine neue Pipeline geplant, um das Transportvolumen zu steigern. Außerdem baue Turkmenistan eine Pipeline nach China und liefere nicht unerhebliche Mengen an den Iran. Grundsätzlich wäre Turkmenistan auch bereit, Gas nach Europa zu liefern, dazu bräuchte es aber eine Pipeline unter dem Kaspischen Meer.

(Ag.)

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