Luxemburger Steuertricks enthüllt – "Juncker rücktrittsreif"

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"LuxLeaks". Geheime Papiere zeigen, wie Luxemburgs Behörden Unternehmen ermöglichen, nur 0,1 Prozent Steuer zu zahlen. Auch eine österreichische Firma taucht in den 28.000 Seiten auf.

Wie Konzerne mit der Unterstützung von Luxemburgs Behörden Steuern in Milliardenhöhe sparen, zeigen geheime Dokumente, die von der Investigativ-Plattform ICIJ ins Netz gestellt wurden. Die Steuern sind oft lächerlich gering: Das US-Kurierunternehmen FedEx hat etwa mit Hilfe des Beratungsunternehmens PwC das Kunststück vollbracht, nicht einmal 0,1 Prozent Steuer auf ihre Gewinne zu bezahlen. "Es ist beinahe schon ein Vergnügen, beim Lesen der Papiere zuzusehen, wie die reguläre Unternehmensteuer, die in Luxemburg bei rund 29 Prozent liegt, unter den kunstvollen Handgriffen der PwC-Leute zerbröselt, bis kaum etwas übrig ist", schreibt die "Süddeutsche Zeitung", die zur Recherche-Plattform ICIJ gehört.

In den 28.000 Seiten "LuxLeaks" finden sich viele US-Unternehmen, mehrere Dax-Konzerne - und auch eine österreichische Firma: Die Signa Holding des Tiroler Immobilieninvestors und Karstadt-Eigentümers Rene Benko profitierte über die luxemburgische IZD Holding, die 220 Millionen in ein österreichisches Immobilienprojekt investierte.

PwC schwärmt von "flexiblen Behörden"

Die abenteuerlichen Steuerkonstruktionen sind legal. Allerdings würden bei internen Kunden-Präsentation  die PwC-Berater Luxemburg als Ort mit "flexiblen Behörden" beschreiben, zitiert die "Süddeutsche". Die Beamten seien "leicht kontaktierbar" und mit "Bereitschaft zum Dialog". 

Unter anderem wurden über Niederlassungen in Luxemburg firmeninterne Kredite vergeben, wodurch sich die Steuerlast in anderen Staaten verringert habe. Zudem seien auch Fondsgesellschaften gegründet worden, die so konstruiert gewesen seien, dass bei Immobilienprojekten in mehreren europäischen Ländern, darunter auch Deutschland, kaum Steuern angefallen seien, schrieb die "Süddeutsche Zeitung".

Bei anderen Konzernen, wie Amazon, geht es um Lizenzgebühren. Amazon steuert seine europäischen Geschäfte über Luxemburg. Die Dokumente zeigen, dass Amazons Europazentrale etwa im Jahr 2009 Lizenzgebühren von mehr als 519 Millionen Euro bezahlte. Diese Kosten machten die Gewinne zunichte, so fielen keine Steuern an. Zur gleichen Zeit verdiente eine andere Amazon-Tochter 519 Millionen Euro mit Lizenzgebühren - und diese Firma muss in Luxemburg keine Steuern zahlen. Der Online-Händler bestreitet, in Luxemburg eine steuerliche Sonderbehandlung zu bekommen.

Grüne fordern Juncker zum Rücktritt auf

Eine der wichtigsten Regelungen für Steuervermeider - die 80-prozentige Steuerbefreiung von Gewinnen aus geistigem Eigentum aus dem Jahr 2007 - trägt ausgerechnet die Unterschrift des langjährigen Premiers und Finanzministers und neuen EU-Kommissionschefs: Jean-Claude Juncker. 

Bereits am Donnerstag gab es erste Rücktrittsaufforderungen von den Grünen. "Jean-Claude Juncker ist nach einer Woche im Amt schon rücktrittsreif", erklärte etwa der grüne österreichische EU-Abgeordnete Michel Reimon. "Derartige Steuerfluchtmodelle sind ein Extremfall von nationalstaatlichem Egoismus - das macht Juncker auch als Europäer, dem es um Gemeinschaftsinteressen geht, völlig unglaubwürdig." Juncker gab zwar noch keine persönliche Stellungnahme zu den Vorwürfen ab, reagierte aber laut einem Sprecher "gelassen und cool".

Weniger gelassen sind die Reaktionen im EU-Parlament: So will die sozialdemokratischen Fraktion "umgehend eine mündliche Anfrage an die EU-Kommission, allen voran an Jean-Claude-Juncker" einbringen, wie SPÖ-Abgeordnete Evelyn Regner mitteilte.

Verstoß gegen EU-Wettbewerbsrecht?

Zwar können die Konzerne nicht rechtlich belangt werden, die EU-Kommission ermittelt allerdings in zwei Fällen gegen die Behörden. Es gehe darum, ob die Entscheidungen der Luxemburger Behörden gegen europäisches Wettbewerbsrecht verstießen, heißt es in dem "SZ"-Bericht.

Legale Steuervermeidung in Europa

Über die abenteuerlichen, aber legalen Steuervermeidungstricks der internationalen Konzerne in Europa gab es in den vergangenen Jahren schon mehrmals heftige Diskussionen. Ein konkretes Beispiel, die Zara-Mutter Inditex - zeigt, wie dieses Steuerkarussell funktioniert.

>>> zum Artikel

>>> Bericht in der "Süddeutschen Zeitung"

>>> LuxLeaks: Alle Dokumente (Englisch)

(Red.)

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