Lufthansa-Streik: Jeder zweite Langstreckenflug fällt aus

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Betroffen seien Langstrecken- und Frachtflüge, teilte Cockpit am späten Dienstagabend mit. Getreikt werden von drei Uhr bis Mitternacht.

Kurz vor Ende der mittlerweile neunten Streikwelle bei der Lufthansa hat die Pilotenvereinigung Cockpit zu einem neuen Ausstand am Donnerstag aufgerufen. Betroffen seien Langstrecken- und Frachtflüge, teilte Cockpit am späten Dienstagabend mit. Kurz- und Mittelstreckenflüge sowie Flüge der Lufthansa-Tochter Germanwings würden nicht bestreikt. Die jüngsten Verhandlungsrunden zur Übergangsversorgung hätten gezeigt, dass es nach wie vor "erhebliche Differenzen" gebe. "Deshalb wurde beschlossen, die für diese Woche geplanten Arbeitskampfmaßnahmen in ihrem Umfang auszudehnen", hieß es weiter.

Insgesamt hat die Lufthansa für Donnerstag mehr als die Hälfte ihres Langstreckenangebots gestrichen. 37 der geplanten 72 Abflüge in Frankfurt und München fallen aus, wie das Unternehmen am Mittwoch mitteilte. 24 Verbindungen sollen von freiwilligen Piloten geflogen werden und weitere 11 Flüge wurden auf den Freitagmorgen künstlich verspätet.

Streitpunkt Übergangsrenten

Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) hatte am Dienstag ihren Kurzstrecken-Streik vom Vortag auf alle Lufthansa-Verbindungen inklusive der Fernflüge ausgeweitet. Der auf 36 Stunden angesetzte Ausstand sollte bis Mitternacht dauern. Lufthansa hatte deshalb nach eigenen Angaben von Montag bis Mittwoch knapp 1.400 Flüge gestrichen. Betroffen seien rund 150.000 Passagiere. Der Streik am Donnerstag soll den Angaben zufolge von 03.00 Uhr früh bis Mitternacht dauern.

In der seit Monaten andauernden Tarifauseinandersetzung geht es unter anderem um die Übergangsrenten der 5.400 Piloten von Lufthansa, Germanwings und Lufthansa Cargo. Hinter den Kulissen schwelt zusätzlich ein erbitterter Streit um den künftigen Kurs des Konzerns. Die Piloten der neuen "Wings"-Familie sollen nicht nach den bislang gültigen Konzerntarifen bezahlt werden.

Neue Gesellschaft für Billigflüge

Die Lufthansa hält bisher an ihren Umbauplänen fest. Obwohl am Dienstag erneut Hunderte Flüge vor allem an den Drehkreuzen Frankfurt und München streikbedingt ausfielen, wird der Aufsichtsrat des Dax-Konzerns an diesem Mittwoch über das Konzept einer starken Billigflugsparte beraten, wie das Unternehmen noch einmal bestätigte. Nach den bisher bekannten Plänen will Lufthansa-Chef Carsten Spohr eine neue Gesellschaft für billige Langstreckenflüge sowie eine Stärkung der bisherigen Marken Germanwings und Eurowings durchsetzen.

Auf die neue Streik-Ankündigung reagierte Lufthansa nach eigenen Angaben "mit vollkommenem Unverständnis". Damit werde dem Unternehmen und insbesondere seinen Kunden "zum zweiten Mal in dieser Woche großer Schaden (...) zugefügt", teilte ein Konzernsprecher mit.

Lufthansa gegen Betriebsversammlung

Kleinteiligen Streit gab es am Frankfurter Flughafen um eine Personalversammlung der Piloten, die Lufthansa nicht auf ihrem Gelände dulden wollte. Die VC kritisierte das als "massive Behinderung der Personalvertretung" und hielt dem Management vor, sich vor den kritischen Fragen der Piloten zu drücken. "Unser Chefpilot hätte gerne an der Versammlung teilgenommen", sagte ein Unternehmenssprecher. Das sei ihm als Chef des Krisenstabs während eines Vollstreiks aber aus nachvollziehbaren Gründen nicht möglich gewesen.

Die Verhandlungen zwischen der Vereinigung Cockpit und der Fluggesellschaft waren in der Nacht zum Samstag erneut gescheitert. Derzeit gehen die Piloten im Durchschnitt mit knapp 59 Jahren in den allein von der Firma bezahlten Vorruhestand. Lufthansa will diesen Schnitt für Bestandspiloten schrittweise auf 61 Jahre erhöhen. Die VC verlangt auch für neu eingestellte Piloten finanzielle Unterstützung zum Vorruhestand.

Gehaltsunterschiede bei Piloten

Bei der Lufthansa arbeiten derzeit 9066 Piloten, von denen aber nur 5.388 unter den Konzerntarifvertrag (KTV) fallen. Die auch mit Übergangs- und betrieblicher Altersversorgung ausgestatteten KTV-Piloten verdienen teils deutlich mehr als ihre Kollegen zum Beispiel bei der kleinen Eurowings, die künftig zum europäischen Billigflieger ausgebaut werden soll.

Nach zehn Jahren kommt ein Lufthansa-Kapitän auf 189.000 Euro Grundvergütung inklusive Schichtzulagen, während bei Eurowings nur 101.000 Euro gezahlt werden. Ähnlich ist es bei erfahrenen Co-Piloten mit einem Verhältnis von 105.000 Euro bei Lufthansa zu 70.000 Euro bei Eurowings. Beide Tarifverträge sind von der Vereinigung Cockpit abgeschlossen worden. Die Germanwings-Kapitäne verdienen im KTV nach zehn Jahren mit 171.000 Euro fast so viel wie die Lufthansa-Kollegen.

(APA/Reuters/AFP)

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