Peking setzt Taiwan mit chinesischen "Oscars" unter Druck

(c) REUTERS (Tyrone Siu)
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Festlandchinesische Filme und Filmstars dürfen nicht an den „Golden Horse Awards“ im November teilnehmen. Die KP-Führung treibt die Isolation der demokratisch regierten Insel damit weiter voran.

Zuerst zielte die Regierung in Peking auf die taiwanesische Tourismusindustrie, nun ist es die Filmbranche: Die chinesische Film-Regulationsbehörde will Filmen und Filmstars vom Festland die Teilnahme an den "Golden Horse Awards" in Taiwan verbieten - das erste Mal seitdem der Filmpreis, der als "Oscar" der chinesischsprachigen Welt gilt, 1996 für festlandchinesische Filmschaffende geöffnet wurde.

Gründe wurden zwar nicht angegeben, Hintergrund dürften aber die wachsenden Spannungen zwischen Peking und Taipeh sein. Die KP-Führung betrachtet die demokratisch regierte Insel als abtrünnige Provinz. Die Veranstalter des Filmfestival reagierten auf das Verbot zunächst verhalten - man würde es bedauern, "wenn es stimmt", die Verleihung und alle dazugehörigen Events würden aber planmäßig stattfinden.

Bereits vergangenes Jahr war die Verleihung des Filmpreises zu einem Politikum geworden: Die Dokumentarfilmerin Fu Yue hatte während ihrer Dankesrede vor laufender Kamera dazu aufgerufen, Taiwan als unabhängigen Staat anzuerkennen. Chinesische Filmstars boykottierten daraufhin kurzerhand die Aftershow-Party des Festivals.

Keine Individualreisende vom Festland mehr

Mit der Maßnahme will Peking den Druck auf die chinakritische Regierung von Präsidentin Tsai Ing-wen erhöhen. Seit dem Amtsantritt der ersten Frau an der Spitze Taiwans 2016 treibt die chinesische Regierung die internationale Isolation des Inselstaates voran - politisch, wirtschaftlich und nun auch kulturell.

Erst in der Vorwoche hatte China angekündigt, keine individuellen Reiseerlaubnisse nach Taiwan mehr auszustellen. Festlandchinesen dürfen nur mehr in Gruppenreisen auf die Insel fahren. Das wird besonders für ärmere Gebiete im Süden Taiwans wirtschaftliche Folgen haben: Die Zahl reisefreudiger Touristen aus der Volksrepublik steigt. Noch dazu gelten Reisende aus China als besonders kauffreudig.

Die Regierung in Taipeh wirft Peking vor, Einfluss auf die im Jänner 2020 anstehenden Wahlen nehmen zu wollen. Tsai wird für eine zweite Amtszeit kandidieren. Gegen sie antreten wird der populäre Bürgermeister der südlichen Hafenstadt Kaohsiung, Han Kuo-yu. Der Kandidat der oppositionellen Kuomintang-Partei steht für eine Annäherung an China und wird damit von Peking favorisiert.

Doch auch die wochenlang andauernden Proteste in Hongkong könnten Peking zu den Repressalien bewogen haben - als Warnung, dass Tsai die pekingkritischen Proteste in der Sonderverwaltungszone nicht für ihre politischen Zwecke missbrauchen solle.

(red.)

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