Karl will "Gymnasium für alle": Wende in der ÖVP?

Beatrix Karl will ''Gymnasium für alle''
Beatrix Karl will ''Gymnasium für alle''Wissenschaftsministerin Beatrix Karl (c) APA (Herbert Pfarrhofer)
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Wissenschaftsministerin Beatrix Karl spricht sich für eine gemeinsame Schule aller 10- bis 14-Jährigen aus. Der Vorstoß bringt Unruhe in die ÖVP, Parteichef Pröll rudert zurück.

Es klingt wie eine Trendwende in der Bildungspolitik der ÖVP: Wissenschaftsministerin Beatrix Karl will eine gemeinsame Schule aller Zehn- bis Vierzehn-Jährigen, sagt sie am Donnerstag in einem "Ö1"-Interview. Die Diskussionen könnten durchaus in die Richtung gehen, dass man ein "Gymnasium für alle" ermögliche, sagte Karl. Am Ende solle "die beste einheitliche Schule für alle Zehn- bis 14-Jährigen herauskommen", damit alle Kinder die gleichen Chancen hätten. Entscheidend sei, dass sich Eltern und Kinder erst im Alter von vierzehn Jahren für einen Schultyp entscheiden müssten.

Gewicht hat die Aussage der Ministerin vor allem, weil sie in den nächsten Monaten das neue offizielle ÖVP-Bildungspapier erstellen soll. Bisher hat die Volkspartei die SPÖ-Forderung nach einer Gesamtschule vehement abgelehnt. Derzeit wird in ganz Österreich die Neue Mittelschule als gemeinsame Schule der Zehn- bis 14-Jährigen erprobt.

Pröll: "Keine Neupositionierung"

Als "persönliche Meinung" bezeichnete VP-Chef Josef Pröll das Eintreten der Ministerin für die gemeinsame Schule. Karls Meinung werde in die VP-Diskussion über ein neues Bildungskonzept eingebaut, diese sei aber noch nicht abgeschlossen. Pröll sieht Karls Aussagen "nicht als neue Positionierung der ÖVP". Es gäbe "keinen Schwenk in Richtung Gesamtschule, definitiv nicht".

»"Wir werden zur gegebenen Zeit ein Gesamtpaket der Öffentlichkeit präsentieren. Der Zeitpunkt dazu ist jetzt noch nicht gekommen."«

VP-Chef Josef Pröll

Pröll nannte eine "Schule der Vielfalt, der Sprachförderung, der Leistungsförderung und der fairen Aufstiegschancen" als Eckpunkte einer Schulreform. "Und innerhalb derer diskutieren wir. Es gibt genug Vorschläge - vom ÖAAB, jetzt von der Wissenschaftsministerin, aber das ist nicht das abgeschlossene Bildungskonzept der ÖVP."

Die Lehrervertreter reagieren scharf auf den Vorstoß von Ministerin Karl. Man brauche "keine neuen Namen für linke Retro-Bildungskonzepte", so Eva Scholik, Parteikollegin Karls und Vorsitzende der AHS-Gewerkschaft. Karl hätte zu diesem Thema lieber schweigen sollen.

Tausch gegen Studiengebühren?

SP-Unterrichtsministerin Claudia Schmied zeigte sich sehr erfreut über Karls Vorstoß. Aus dem Ministerium gab es gegenüber DiePresse.com keine Auskunft zu der Frage, ob es im Gegenzug nun Zugeständnisse bei VP-Wünschen in der Bildungspolitik geben könnte, etwa bei Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen.

Kritik aus den eigenen Reihen

Erst Anfang der Woche hatte ÖAAB-Chef Michael Spindelegger bei der Präsentation seines Bildungskonzepts eine "Einheitsschule" als "falsch" bezeichnet. Dem Papier wurde aber von vielen Seiten Inhaltsleere und veraltete Standpunkte nachgesagt. Karls Vorstoß stellt für ÖAAB-Generalsekretär Lukas Mandl nun eine "krasse und isolierte Einzelmeinung" dar.

Kritik an Karls Alleingang kommt außerdem vom VP-nahen Seniorenbund: Diese habe sich mit ihren Aussagen "eindeutig als Leiterin der Verhandlungen zur Neugestaltung des Bildungssystems disqualifiziert" und noch dazu dabei nicht an den Entscheidungen und Gremien der Partei orientiert. Wie in allen anderen Bereichen halten wir grundsätzlich nichts von Einheitsbrei." Ins Gericht ging auch JVP-Obmann Sebastian Kurz mit Karl. Wieder einmal sei eine "ewiggestrige Taferldiskussion" losgetreten worden. Unterstützung bekam die Wissenschaftsministerin hingegen von Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl.

Karl sagte zu der Diskussion, in der ÖVP gebe es ein "breites Meinungsspektrum" - "und das ist gut so". Ob sie die Mehrheitsmeinung in der ÖVP vertrete, könne sie "nicht einschätzen". Es gebe sehr viel Zustimmung, aber natürlich auch Gegenmeinungen. Ihre Aufgabe sei es nun, diese zu koordinieren. Sie sei jedenfalls nicht von Pröll "zurückgepfiffen" worden, betonte Karl.

(Red.)

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